Teil der Marvel-DNS ist immer auch die Rückbesinnung auf das, was gekommen ist – was nicht heißt, dass man nicht auch jederzeit gewillt wäre, vergangene Ereignisse selbst durch fadenscheinigste Erklärungen für nichtexistent zu erklären. Aber Marvel hat dennoch auch das Geschäft mit der Nostalgie perfektioniert. Darum wird stets aufs Neue der Blick auf frühere Veröffentlichungen geworfen und evaluiert, ob die Zeit reif ist, das Thema noch einmal zu besuchen. Manchmal werden sogar ganze Event-Namen wie Heroes Reborn oder Secret War einfach neu verwendet.

Die Rückbesinnung auf das, was schon mal funktionierte, zeichnet nun aber auch die Miniserie Die neuen Fantastic Four aus, die 2022 mit fünf Heften in den USA erschienen ist und von Panini in einem Sammelband präsentiert wird. Bei den Fantastic Four denkt man natürlich an Mr. Fantastic, die Unsichtbare, die menschliche Fackel und das Ding. Aber diese neue Inkarnation des Teams ist dann doch etwas grimmiger ausgefallen. Hier kämpfen Spider-Man, Wolverine, Ghost Rider und Hulk zusammen. Warum aber genau dieses Team? Weil es 1990 auch schon so gewesen ist.

Zum Ende des Jahres 1989 übernahm Walt Simonson die Serie The Fantastic Four. Er bescherte dem Titel einen dringend benötigten Höhenflug, die Doppelbelastung als Autor und Zeichner forderte aber seinen Tribut. Ein Jahr darauf fuhr er sein Arbeitspensum darum etwas zurück und entschied, das bei den Ausgaben 347 bis 349 ein anderer die Zeichnungen übernehmen sollte. Die Wahl fiel auf Arthur Adams, ein exzellenter Künstler, der aber auch nie eine fortlaufende Serie betreut hat, weil er relativ langsam ist.

Die Skrull De’Lila ist eine Empathin, die es geschafft hat, die Fantastic Four gefangen zu nehmen. Danach gibt sie sich als Sue Richards aus und überzeugt Wolverine, Spider-Man, Hulk und Ghost Rider, ein neues Fantastic-Four-Team zu bilden und die Tode der ursprünglichen Mitglieder zu rächen. Sie schickt sie gegen den Mole Man, da sie eine mächtige Vorrichtung der Skrull stehlen will, die auf der Monsterinsel gelandet ist.

Es ist eine Geschichte, die sich selbst nicht ganz ernst nimmt. Sie wirkt in gewisser Weise auch wie ein Gimmick, weil Simonsons Ansatz war, dem damals vorherrschenden Trend grimmiger Superhelden-Geschichten nahezukommen und darum auch entsprechende Figuren für das neue Team wählte. Einige von ihnen waren damals auf dem absoluten Zenit.

Wolverine war schon immer ein Favorit der Fans und wurde bei Marvel zeitweise so inflationär als Gaststar in anderen Serien eingesetzt, dass man eine Übersättigung fürchten musste – sie blieb jedoch aus. Ghost Rider war in der zweiten Inkarnation als Danny Ketch gerade mit einer eigenen Serie enorm erfolgreich. Hulk hatte unter der Führung von Peter David mal wieder eine enorme Verwandlung durchgemacht. Er firmierte als Joe Fixit und arbeitete in Las Vegas als Vollstrecker eines Gangsters. Spider-Man war und ist immens populär – es ergab also auch Sinn, ihn in die Geschichte zu integrieren. Aus einem Verkaufsstandpunkt heraus.

Inhaltlich war die Einbeziehung von Spider-Man eher fragwürdig, denn De’Lilas Plan hätte sicherlich besser funktioniert, wenn sie auf jemanden mit weniger starkem Moralkodex zurückgegriffen hätte. Aber so wurde Spider-Man zu so etwas wie das Gewissen des neuen Teams.

Übrigens war der Hulk nicht Simonsons erste Wahl. Eigentlich wollte er den Punisher zum vierten Mitglied der neuen Fantastic Four machen. Arthur Adams argumentierte jedoch dagegen, da er der Meinung war, Frank Castle würde durch einen auch nur zeitweisen Status als Fantastic-Four-Mitglied zu sehr in den Helden-Status erhoben. Simonson folgte der Argumentation und entschied sich dann für den Hulk. Am Ende gab es dann aber noch einen Kurzauftritt vom Punisher. Der war damals nämlich auch extrem populär.

Die Geschichte wurde in drei Heften erzählt und nicht unbedingt der Narrativen wegen zu einem kleinen Klassiker. Eher schon ist es die unglaublich schräge Zusammenstellung des Teams, die einfach reizvoll ist. Weil ohnehin keine dieser Figuren in irgendeiner Form ein Teamplayer ist.

Von Peter

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