Als sich der belgische Autor und Zeichner Yves Swolfs seiner Serie Der Prinz der Nacht annahm, da war er praktisch nur für seine den Regeln, Topoi und Bilderwelten des Italowestern folgenden Serie Durango bekannt. Diese Serie um einen einsamen Revolverhelden, der eine Mixtur aus Jean-Louis Trintignant, Clint Eastwood und Franco Nero ist, war es, mit der Swolfs debütierte und auch gleich den Durchbruch schaffte.

Sie erlaubte es ihm auch, innerhalb der frankobelgischen Szene eine sehr selten gesehene Position einzunehmen: Swolfs musste sich niemals mit Stoffen befassen, die ihn selbst nicht interessierten. Mit dem im Jahr 1980 gestarteten Durango zementierte er das, begann jedoch nach ein paar Jahren, die er ganz und gar dem Mann mit der ungewöhnlichen Waffe gewidmet hatte, sich anderer Stoffe anzunehmen.

Ein erster war der Ausflug in die Zeit nach der französischen Revolution, Feuer und Blut, von dem er nur die ersten beiden Bände auch zeichnete. Die restlichen acht schrieb er nur noch. Ein Weg, den er fortan häufiger beschreiten würde, da er schneller schreiben als zeichnen konnte. Doch im Jahr 1993 konzentrierte er sich auf eine Serie, bei der er in beiden Disziplinen federführend sein wollte: Der Prinz der Nacht.

Sich zu jener Zeit auf eine Vampir-Geschichte zu stürzen, war alles andere als naheliegend. Zwar waren Romane wie die von Anne Rice, deren Vampir-Chroniken mit Interview mit einem Vampir schon zum Ende der 1970er Jahre begonnen hatten, erfolgreich, eine echte Renaissance des Blutsaugers hatte es indes nicht gegeben. Das hielt Swolfs aber nicht ab. Er wollte sich ganz und gar in diese Geschichte verbeißen, weil sie es ihm auch erlaubte, in den unterschiedlichsten Epochen zu erzählen.

Das Thema des Vampirs faszinierte Swolfs schon immer, seit er als Junge Bram Stokers Dracula gelesen hatte. Er hatte natürlich auch viel gelesen und gesehen, was seine Vorstellung dessen, was ein Vampir sein sollte, prägte, aber als er begann, darüber nachzudenken, selbst eine Geschichte mit einer solchen Figur zu erzählen, stellte er alles in Frage.

Was ihm bei vielen Stoffen missfiel, war die Vermenschlichung des Vampirs, was sich besonders auch bei den Werken von Anne Rice zeigte. Zudem fand Swolfs, dass der Vampir nie zu attraktiv sein durfte. Er musste die Verkörperung des ultimativen Bösen sein. In ihm durfte es nichts geben, was gut war. Als er begann, über seinen Antagonisten Vladimir Kergan nachzudenken, da wurde ihm schnell bewusst, dass er nicht in der Tradition eines Bela Lugosi stehen würde, der Dracula in den frühen 1930er Jahren so prägnant gespielt hatte. Eher schon fand sich Swolfs von Christopher Lee inspiriert, der den Vampirfürsten erstmals 1958 spielte und die Rolle noch mehrmals aufnahm. Aber bei seiner Interpretation hatte Swolfs das Gefühl, dass sie ihrem Jahrzehnt der Entstehung zu eigen war. Er wollte darüber hinausgehen. Sein Vampir sollte von Dracula inspiriert, aber ein weit größeres Monster sein, gegen das so manche seiner Jäger fast schon wie Waisenknaben anmuten mussten – auch wenn sie selbst oft nicht die besten Menschen waren, was einen interessanten Kontrast ergibt.

Dies sind die Rougemonts, ein uraltes Geschlecht, das seit Urzeiten unerbittlich Jagd auf Vladimir Kergan, den Minnesänger, macht, der es wiederum auf jedes einzelne Mitglied der Familie abgesehen hat. Jede neue Generation der Rougemonts kennt daher nur ein Ziel: Den Prinzen der Nacht finden, und das Antlitz der Erde von seiner unheiligen Präsenz säubern.

Doch im Lauf der Jahrhunderte ist der Wunsch mal mehr, mal weniger beseelt, bis zum Frankreich der frühen 1930er Jahre, als der letzte Nachkomme der Rougemonts erst gar nicht weiß, welchem Vermächtnis er nachfolgen muss – bis es fast zu spät ist.

Von Peter

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