Als ich als kleiner Steppke noch Woche für Woche fleißig an den Kiosk gelaufen bin und geschaut hab, was es Neues an Comics gibt, da hatte ich von dem Begriff „Phasenvertrieb“ noch nie zuvor gehört. Aber in Bayern war man eines der letzten Opfer dieser Unsitte. Verlage handhabten es damals gerne so, dass sie das Bundesgebiet aufteilten. Im Norden begann die erste Phase, während ein paar Monate später die zweite Phase in Mitteldeutschland und die dritte nochmal ein paar Monate später in Süddeutschland lief. Die späteren Phasen wurden mit zurückgehaltenen Teilen der Auflage, aber auch Remittenden bestückt. Ein Vorgehen, mit dem Verlage größere Mengen der Auflage absetzen wollten. Meine Eltern spendierten mir irgendwann ein Abo auf das DIE SPINNE Comic-Heft aus dem Condor Verlag. Als ich das erste Heft erhielt, war das sehr verwirrend. Es war das hier:

Ich verstand nicht, weswegen man mir die Nr. 128 geschickt hatte. Mehr noch, ich verstand nicht, wie dieses Heft überhaupt existieren konnte. Denn vom Kiosk her befand ich mich chronologischgesehen locker ein halbes Jahr zuvor wieder, irgendwo bei Nr. 120 oder so. Ich weiß noch, dass ich es aufregend fand, schon in der Comic-Zukunft angekommen zu sein. Gleichzeitig war es verwirrend, erlebte Spidey hier doch Abenteuer, auf die in den Heften an meinem Kiosk noch hingearbeitet wurde. Lange zerbrach ich mir den Kopf darüber, wie dies sein konnte, aber in einer Zeit, in der man nicht einfach alles im Internet nachschlägt, war das alles andere als leicht. So vieles war verwirrend, als ich in die Welt der Comics eintauchte. 1989 hielt ich auch erstmals einen Comic-Preiskatalog in Händen.

Über diesen Katalog erfuhr ich damals auch, dass es von der Serie LONGSHOT tatsächlich auch noch eine vierte Ausgabe gab. Es handelte sich hier um eine Miniserie um einen mir total unbekannten Marvel-Helden. Aber da es eine Marvel-Serie war, kaufte ich die auch. Sie erschien interessanter Weise nicht bei Condor, sondern bei Bastei, wo man sich ein paar der Marvel-Lizenzen gekrallt hatte. Die ersten drei Hefte hatte ich mir von LONGSHOT auch am Kiosk gekauft, das vierte tauchte aber nie auf. Damals dachte ich, die Serie sei eingestellt worden, aber wahrscheinlicher ist, dass dieses vierte Heft aufgrund des Phasenvertriebs niemals einen Kiosk in meiner unmittelbaren Nähe erreicht hat. Ich vermute, die Serie lief ohnehin nicht so toll, so dass die Höhe der Auflage mit fortschreitender Nummerierung sank. Und von der Nr. 4 waren dann nicht mehr genügend da, damit ich auch ein Heftchen erwischt hätte. Bis heute hab ich keine Ahnung, wie diese Miniserie ausgeht. Ist aber auch nicht gar so tragisch, da ich LONGSHOT nicht so toll fand und sowieso ganz und gar vergessen hab, worum es eigentlich ging.

Noch übler als in Bayern war man übrigens in Österreich dran. Hier kam dann der klägliche Rest lange nach Auswertung in Deutschland an. Das bemerkte ich, als ich auf die Heftromanserie DÄMONENLAND (sozusagen das, was man als aufgeschlossener Jugendlicher las, wenn einem JOHN SINCLAIR schon zu doof war) aufmerksam wurde, die bei uns damals irgendwo im Nummernbereich um die 20 oder 30 war, während ich in Salzburg noch in schöner Regelmäßigkeit ab der siebten Ausgabe oder so aufholen und die Sammlung so langsam schließen konnte.

Übrigens, das Zeug, das dann auch hier nicht mehr verkauft wurde, fand sich irgendwann mächtig überteuert in Urlaubsländern wie Italien wieder. Heutzutage gibt es diese Unsitte des Phasenvertriebs praktisch nicht mehr.

Von Peter

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