Es gibt eine Szene, die könnnte aus einem Bond-Film sein. Der megalomane Schurke Valentine lädt den sich als Milliardär ausgebenden Agenten Harry zum Essen ein. Beide unterhalten sich, als Valentine wissen will, ob Harry Agentenfilme mag. „Nur die alten“, erklärt Harry, woraufhin sich  ein kurzer Diskurs über die Bond-Filme entspinnt, der mit der Weisheit endet: Ein Bond-Film ist nur so gut wie sein Schurke.

Kingsman
Folgt man diesem Credo, muss man KINGSMAN: THE SECRET SERVICE als Totalversagen ansehen. Denn der nerdige, lispelnde, die Basecap wie ein Trottel tragende Valentine ist die Art alberner Schurke, für die sich sogar ein AUSTIN POWERS-Film schämen würde!
Eggsy (Taron Egerton) ist ein Troublemaker, der immer wieder in Konflikt mit anderen Jungs im Londoner Viertel gerät. Als er eines Tages dank des geheimnisvollen und eleganten Harry Hart (Colin Firth) aus dem Gefängnis entlassen wird, beginnt für Eggsy ein anderes Leben.
Harry gehört zu den Kingsman, einer supergeheimen, elitären Agentenorganisation, angeführt von Arthur (Michael Caine), die vielversprechende Teenager für ihr hochqualifiziertes Nachwuchsprogramm rekrutiert. Und Harry hat Eggsy ausgewählt. Das Training beginnt – zur selben Zeit, als die Welt von dem verrückten High-Tech-Genie Valentine (Samuel L. Jackson) bedroht wird.

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Die Comic-Vorlage von Mark Millar wurde teilweise verändert. So hat die Hauptfigur Harry einen neuen Namen erhalten und ist auch nicht länger Eggsys Onkel. Mark Hamill taucht im Comic  auf, ist dort er selbst, während er hier einen Doktor spielt. Auch Michael Caines Figur ist in der Vorlage anders gestaltet. Aber gut, das sind alles Änderungen, die man durchaus akzeptieren kann, sie schaden dem Film nicht.
Weit schädlicher ist schon die Problematik, dass er sich tonal nie entscheiden kann. Mal möchte er ernsthaft sein, dann ist er wieder eine Parodie, wie sie dümmlich-alberner nicht sein könnte.
So wechseln sich exzellente Action-Sequenzen (Colin Firth in der Kirche) mit absolut peinlichen Momenten ab (das gemeinsame Dinner), wobei sich der Film auch nicht zu schade ist, Schleichwerbung in dreistester Form zu bieten.
Beim Dinner wird nämlich nicht edles Essen serviert, nein, es gibt Fast Food von McDonald‘s, einen kurzen Diskurs darüber, welcher Wein zum Cheeseburger besonders gut passt und Harrys Dank für dieses „Happy Meal“, das er gerade mit Valentine teilen durfte.

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Der Film bietet überbordende Gewalt, das mag nicht jedem gefallen, funktionert aber durchaus, besonders im Finale, wenn in beser SCANNERS-Manier die Köpfe platzen, das aber in einem farbenfrohen, an Lavalampen und Feuerwerk erinnerndem Crescendo passiert.
Der Anfang bietet zudem eine sehr kreative Art, wie man die Stabsangaben in den Film integriert. Es sind immer wieder gute Ideen und Ansätze vorhanden, aber sie leiden zu sehr unter dem hoffnungslos übertreibendem Samuel L. Jackson und der grundsätzlich absolut abstrusen Geschichte. Die orientiert sich zwar am Comic, wirkt hier aber noch irrer, was man kaum glauben möchte.
Da KINGSMAN: THE SECRET SERVICE auch immer wieder auf Bond anspielt, muss man den Film fast als parodierende Hommage ansehen, es kommt dabei aber auch zu Gags,  wie sie dumpfer kaum sein könnten. Man beachte hierzu nur, was die Prinzessin auf den Mini-Bond-Verschnitt Eggsy für die Rettung der Welt in Aussicht stellt.
Trotz der mageren Vorlage wäre hier mehr drin gewesen, ein paar originelle Ideen zeugen davon, aber letzten Endes wird der Film unter Samuel L. Jacksons Last erdrückt. Colin Firth kann es da leider auch nicht mehr richten.

Von Peter

Ein Gedanke zu „Mark Millars neuester Kino-Streich: KINGSMAN – THE SECRET SERVICE“
  1. Leider konnte ich den Film noch nicht sehen, aber die Trailer zeigten ja bereits die zahlreichen Veränderungen. Gazelle ist im Comic ein Ex-Secret-Service-Mann wie ein Kleiderschrank – im Film eine zierliche Frau mit der Figur einer Tänzerin. Na ja, das ist wie oben erwähnt nur die Spitze der Prothese…
    Da Vaughn als Co-Autor des Comics geführt wird, hat er natürlich jedes Recht zu ändern, was er will. Die Unentschlossenheit zwischen Persiflage und Ernsthaftigkeit merkt man auch dem Comic schon deutlich an, oder? Zum einen die widrigen und sehr realistisch geschilderten Lebensumstände unseres jungen Helden und seiner Mutter, zum anderen überbordende Agentenfantasie, ein hirnrissiger Plot (Promis entführen, Weltbevölkerung dezimieren) und ein austauschbarer Schurke in Form eines schmalbrüstigen Bill Gates-Verschnitt. Der Comic hat einige wunderbare Szenen (Mark Hamills Ende), aber in der Summe hat er mich nicht vom Barhocker gehauen. Und obiges Review liest sich eigentlich so als schließe sich der Film dem nahtlos an.

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