Wenn ein Künstler wie Will Eisner sich eines Werkes wie Moby Dick annimmt, dann sind die Erwartungen des Lesers natürlich sehr hoch. Hierzulande erschien der Band innerhalb der Reihe Illustrierte Kinder-Klassiker.

Leider ist Eisners Version von Moby Dick aber eine Enttäuschung. Auf gerade mal 30 Seiten ist der Künstler gezwungen, die Geschichte im Schweinsgalopp voranzutreiben.

Bei dem geringen Umfang dieses Albums bleibt nie die Möglichkeit die Charaktere genauer zu beschreiben. Vielmehr werden einige Stereotypen wie die Besessenheit von Kapitän Ahab überdimensional dargestellt. Andere wichtige Figuren des Buches wie Queequeg, Starbuck oder Ismael haben im Endeffekt nichts anderes als Statistenrollen und bleiben von daher völlig farblos.

Moby Dick wird nicht einmal den Ansprüchen an ein gutes Kinderbuch gerecht, da Herman Melville seinen Roman einfach für eine völlig andere Zielgruppe (sofern man zu Melvilles Zeit im 19. Jahrhundert überhaupt von einer Zielgruppe sprechen konnte) konzipiert hatte. In der hier präsentierten Form erinnert Moby Dick eher auf unangenehme Weise an die Illustrierten Klassiker, ohne deren naiven Charme zu haben.

Eine ungewöhnliche Graphic Novel ist Auf der Suche nach Moby Dick, das im Knesebeck Verlag erschienen ist. Dies ist mehr als nur eine weitere Adaption von Herman Melvilles Roman.

Den Auftakt begeht ein Journalist, der mit einem Melville-Experten in die Tiefen dieses Romans eintaucht, die zu einer weit philosophischeren Betrachtungsweise führen. Das ist ein faszinierender, tatsächlich neuer Ansatz.

Die Künstler Sylvain Venaire und Isaac Wens arbeiteten acht Jahre an dieser auch graphisch eindrucksvollen Geschichte.

Für Splitter ist der Comic von Bill Sienkiewicz nicht die erste Begegnung mit dem weißen Wal. Schon Anfang 2020 gab es eine Adaption von Oliver Jouvray und Pierre Alary im Splitterbook-Format. Noch beeindruckender gestaltet sich aber der in Schwarzweiß gehaltene Comic von Chistophe Chabouté, der bei Egmont erschienen ist. Dies ist auch die werkgetreueste Adaption, denn Chabouté standen 250 Seiten zur Verfügung. Er wird dem Text Melvilles gerecht, er erhöht ihn aber auch durch seine atmosphärischen und eindrucksvollen Zeichnungen.

Über die verfügt Sienkiewicz aber erfreulicherweise auch. Er hat mit gemalten Bildern und Collagen gearbeitet, nicht unähnlich dem, was er mit seinem Werk Elektra: Assassin ablieferte, nur deutlich zugänglicher. Er mag aufgrund der Seitenzahl nur episodisch erzählen und sich auf bestimmte Kernpunkte des Romans konzentrieren müssen, die Bilder sind jedoch eine faszinierende Ergänzung zum Roman.

Im September gibt es dann auch eine Disney-Version von Moby Dick.

Die Beschäftigung mit Melvilles Werk wird niemals enden. Zu mächtig in seiner Sprache, zu eindrucksvoll in seiner Beschreibung ist es, als das die Faszination dafür schwinden würde. Es wird weitere Adaptionen geben, auf dass Ahab sich wieder erheben und seinem Erzfeind entgegenbrüllen kann: „Bis zum Letzten ring ich mit dir, aus dem Herzen der Hölle stech ich nach dir, dem Haß zu liebe spei‘ ich meinem letzten Hauch nach dir.“

Von Peter

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