Obwohl ihre Geschichten über beinahe 40 Jahre hinweg erzählt wurden, altert Modesty Blaise nicht. Sie ist immer Ende 20 und Willie Garvin immer acht Jahre älter. Peter O’Donnell erkannte nach dem Erfolg des Strips sehr schnell, dass er hier etwas an der Hand hatte, mit dem er sich über lange Zeit würde beschäftigen können. Entsprechend war es eine natürliche Entscheidung, Modesty nicht altern zu lassen. Das ist in der Welt der Comics Gang und Gebe, macht aber auch eine Anpassung der Ursprungsgeschichte nötig. Darauf verzichtete O’Donnell, indem er einfach nicht mehr darauf einging.

Nur im 1966 publizierten Strip „In the Beginning“ ist Modesty jünger, weil O’Donnell hier ihre Vorgeschichte erläutert. Im Lauf der Jahre hat O’Donnell auch einige Romane mit seiner Heldin verfasst. Der letzte erschien im Jahr 1996 und trägt den Titel Cobra Trap. Darin enthalten sind fünf Geschichten, die Modesty im Alter von etwa 20 bis 52 Jharen zeigen.

Peter O’Donnell war ein britischer Journalist und Autor, der am 11. April 1920 in Lewisham, London, geboren wurde. Schon im Alter von 16 Jahren begann er mit dem Schreiben, zwei Jahre später schloss er sich der Armee an und diente ab 1942 vor allem im Mittleren Osten, bevor er 1944 mit seiner Truppe nach Griechenland kam. Wieder zurück in der Heimat musste er sich die Frage stellen, was er machen wollte – und er erinnerte sich daran, dass das Schreiben schon immer sein Steckenpferd gewesen war.

Er fing an, Comic-Strips zu schreiben, darunter für den Daily Express die Adaption von Ian Flemings James Bond-Geschichte Dr. No. Von 1953 bis 1966 verfasste O’Donnell den Strip Garth, der 1943 von Steve Dowling and Gordon Boshell für den Daily Mirror erfunden worden war. In Deutschland ist die Figur als John Tornado bekannt, da Bastei von 1980 bis 1981 insgesamt 20 Hefte publizierte, die einige Strips nachdruckten. Zudem schrieb O’Donnell in den Jahren 1956 bis 1962 auch den Strip Romeo Brown. Die Hauptfigur ist ein wackerer Detektiv, der auch ein Frauenheld ist. Erfunden wurde die Serie von Alfred Mazure, der sie schrieb und zeichnete.

Im Jahr 2002 erinnerte sich O’Donnell: „Der Strip erschien im Daily Mirror, für den ich auch Garth machte. Der Redakteur war mit den Strips des Erfinders aber unzufrieden, weswegen er Jim Holdaway anheuerte, um künftig die Zeichnungen zu machen. Zeitgleich bat er mich, die Skripte zu schrieben. So haben Jim und ich uns kennengelernt. Sieben Jahre machten wir Romeo Brown, für den ich die Vorgabe hatte, dass jede Geschichte sich um eine oder mehrere Frauen drehen musste und je mehr ich sie entkleiden konnte, desto besser.“

Der Strip endete im Jahr 1962, aber O’Donnell und Holdaway waren da schon mit dem nächsten Projekt befasst: Modesty Blaise.

McDonnell fand in seiner eigenen Serie seine Berufung und verfasste sämtliche Strips bis zum Ende der Geschichte im Jahr 2001, in der er Modesty und Willie in den Ruhestand schickt. Eine Geschichte folgte aber noch im Jahr 2002. McDonnell hatte seinem Zeichner Enrique Badia Romero erlaubt, eine seiner Kurzgeschichten für das schwedische Comic-Magazin Agent X9 zu adaptieren.

Von 1965 bis 1996 schrieb O’Donnell 13 Romane und Kurzgeschichtensammlungen mit Modesty Blaise. Obwohl seine Schöpfung ihn nicht mehr los lies und er ihre Geschicke über Jahrzehnte formte, fand O’Donnell auch noch Zeit für andere Unternehmungen. So verfasste für Hammer das Drehbuch zum 1968 veröffentlichten Actionfilm The Vengeance of She und schrieb das Theaterstück Mr. Fothergill’s Murder, das in den 1980er Jahren auf vielen britischen Bühnen zu sehen war. Unter dem Pseudonym Madeleine Brent publizierte er auf Wunsch des Verlegers zudem einige Gothic-Romance-Romane, in denen starke Frauenfiguren die Hauptrollen spielten. Interessant ist dabei, dass all diese Romane, die zur viktorianischen Ära spielen, in der ersten Person geschrieben wurden.

In der Einführung zu The Gabriel Set-Up, dem ersten Reprint von Modesty Blaise-Geschichten im Jahr 1985 durch Titan, schrieb er: „Ich glaube, am häufigsten wird mir die Frage gestellt, wie es dazu kam, dass ich Modesty Blaise erfand (und natürlich Willie Garvin, der ein unverzichtbarer Teil von ihr ist). Die Antwort ist, dass ich es nicht weiß. Aber manchmal hege ich den Verdacht, dass es umgekehrt war und Modesty Blaise mich als ihren zahmen Chronisten erfunden hat. Anfangs der 60er Jahre war Modesty Blaise gewiss eine Figur auf der Suche nach einem Autor, wenn man bedenkt, was sich im folgenden Jahrzehnt besonders für Frauen alles geändert hat. Aber sie ließ sich Zeit mit ihrer Geburt, und die Schwangerschaft dauerte mehr als ein Jahr. So lange grübelte ich, während ihr Charakter, ihre Qualitäten, Fähigkeiten, Vorzüge, Schwächen und Lebensgeschichte sich langsam vor mir entfalteten. Als sie erst einmal auf der Welt war, folgte der vollständige Willie Garvin innerhalb von dreißig Sekunden nach, deshalb glaube ich, sie hatte ihn schon von Anfang an unter ihren Fittichen.“

Als O’Donnell sich im Jahr 2001 vom Schreiben zurückzog, endete auch Modesty Blaise. Er wollte, dass niemals ein anderer ihre Abenteuer weiterspinnen sollte. Ob das allerdings testamentarisch so festgelegt ist, ist unklar. Bislang haben sich seine Erben aber an seine Wünsche gehalten. O’Donnell, der in den letzten Jahren seines Lebens an Parkinson litt, verstarb am 3. Mai 2010 im Alter von 90 Jahren.

Von Peter

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