Nach dem Erfolg von CROSSED wollte Avatar gerne ein Sequel. Garth Ennis hatte keine Geschichte mehr, die er erzählen wollte, war aber bereit, andere in seinem Sandkasten spielen zu lassen, solange er mitbestimmen konnte, wer die Kreativ-Teams sind, und keine der von ihm erfundenen Figuren benutzt wurden. Als Autor fand sich David Lapham, der zwar mit STRAY BULLETS einen exzellenten Comic geschrieben hat, aber im Endeffekt ein weit besserer Zeichner denn Autor ist. Das merkt man auch seiner Miniserie CROSSED: FAMILY VALUES an, die bei Panini als zweiter Band der CROSSED-Reihe erschienen ist.

Hier erzählt er von einem fundamentalistischen Vater, der seine Töchter missbraucht, nach dem Ende der Welt ein neues Paradies erbauen will und sich wie Gottes Prophet gebärdet, was beinhaltet, dass er natürlich zur Wiederbevölkerung der Erde beitragen muss – egal, wer die Frauen sind. Eine seiner Töchter stellt sich gegen ihn.

Das ist die Geschichte der ersten paar Hefte, danach geht es um die Flucht und die Suche nach einer neuen Heimat. In Ansätzen eine interessante Geschichte, aber Lapham macht zu wenig daraus. Er ergeht sich darin, möglichst perverse Szenen zu gestalten, denen aber immer die notwendige Sprengkraft fehlt. Sie wirken zu selbstzweckhaft, als hätte Lapham in seinem stillen Kämmerlein einzig und allein darüber sinniert, wie ein paar abartige Sequenzen aussehen könnten, während ihm alles andere herzlich egal ist. Dazu kommen recht maue Zeichnungen, die nicht den Standard der Originalminiserie halten.

Lapham schrieb auch CROSSED 3D, das deutlich besser geraten ist, bislang aber nicht in Deutschland aufgelegt wurde. Das 3D-Gimmick hätte man sich aber echt sparen können. Es ist mühselig den Comic mit blau-roter-Brille zu lesen. Am besten kneift man ein Auge zu, aber bequem ist das auch nicht. Die Geschichte ist minimalistisch geraten. Ein Trupp von Soldaten dringt nach Manhattan vor, um zwei Ärztinnen zu retten, die Medizin für kranke Kinder besorgen wollten. Viel Action, ganz minimale Charaktermomente, aber eine klassische Umsetzung im ALIENS-Stil. Das gefällt, wenn man vom 3D nicht Kopfschmerzen bekommt. Die Zeichnungen von Gianluca Pagliarini sind gut, leiden unter dem Effekt aber auch.

Die dritte Miniserie CROSSED: PSYCHOPATH, die auch als dritter Panini-Band erschienen ist, wurde erneut von Lapham geschrieben. Wer dachte, dass er mit dem zweiten Band die Abartigkeiten aus seinem System herausbekommen hätte, irrt gewaltig. Hier erzählt er von einem irren Serienkiller namens Harold Lorre, der gefährlicher als alle Crossed ist. Mit der Figur – mit mehreren Figuren von PSYCHOPATH – ist Lapham noch lange nicht fertig. In der fortlaufenden Serie CROSSED: BADLANDS, die von verschiedenen Kreativteams betreut wird, befasst er sich wieder mit ihnen.

Von Peter

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