WE3 ist die perfekte Geschichte für jeden, der in seinem Leben einen Hund, eine Katze oder einen Hasen besessen hat. Grant Morrison und Frank Quitely erzählen in einer dreiteiligen Miniserie, die nun, mit neuen Comic-Seiten ergänzt, als prächtige Deluxe Edition erschienen ist, von drei Tieren, die zu Waffen gemacht wurden. 1, 2 und 3 sind normale Tiere, die einst normalen Menschen gehörten, dann jedoch in die Fänge einer Regierungsbehörde gerieten, die aus ihnen intelligente Waffen machte. Mit kybernetischen Implantaten versehen und fähig, sich rudimentär zu artikulieren, sind sie ein Erfolg. Doch als das Projekt eingestellt werden soll, setzt eine Ärztin die drei Tiere frei. Ihre Flucht beginnt.
Es ist eine sehr simple Geschichte, die Morrison hier erzählt. Aber eine, die emotional sofort in die Vollen geht. Die Cover der einzelnen Hefte zeigen die Plakate, mit denen die Besitzer nach ihren verschwundenen Tieren suchen, den Hund Bandit, die Katze Tinker und der Hase Pirate. Die drei Tiere suchen nach dem Zuhause, einer entfernten Erinnerung, die Bandit noch hat, an eine bessere Zeit, ein besseres Leben, bessere Herren. Dabei werden die drei von Soldaten gejagt. Man hetzt ihnen kybernetisch ausgestattete Ratten und 4, einen zur Waffe umfunktionierten Mastiff, auf den Leib.
Die Simplizität der Geschichte wird durch die Komplexität der Zeichnungen konterkariert. Morrison und Quitely gehen an die Grenzen dessen, was in diesem Medium machbar ist. Sie finden Wege einer mehrdimensionalen Erzählweise, die sich nicht auf ein anderes Medium übertragen lässt. Auch wird mit dem Arrangement von Panels gespielt. So gibt es eine mehrseitige, aus 108 Panels bestehende Sequenz, die ein Gefühl von Räumlichkeit aufkommen lässt und zeigt, dass Szenen auf vielfältige Weise angeordnet und immer wieder neu gemischt werden können.
Um nicht im Kitsch zu versinken – eine Gefahr, die bei Geschichten mit Tieren immer gegeben ist – setzen Autor und Zeichner auf exzessive Gewalt. Wenn sich WE3 gegen ihre Häscher wehren, dann sind das blutige Momente. Vor allem gilt dies für die Katze, die mit ihren Klauen auch auf Entfernung punktgenau tötet. Die Sympathien des Lesers liegen immer auf Seiten der Tiere, denn sie sind an diesem Schlamassel unschuldig und wurden durch den Menschen, der sich anmaßen wollte, Gott zu spielen, in ihrer Erscheinung pervertiert.
WE3 ist reich an starken Momenten. In der Interaktion der drei ungleichen Freunde, in der Porträtierung des Hundes, der immer noch an das Gute im Menschen glaubt, in der Entscheidung der Tiere, wieder zu dem zu werden, was sie einstmals waren. Trotz aller Verluste gönnen Morrison und Quitely dem Leser ein Happyend – etwas, das man bei einer Geschichte wie dieser nicht erwartet, für das man aber umso dankbarer ist. WE3 ist eine große Geschichte, ein Klassiker von morgen und meiner Meinung nach eine der besten Graphic Novels aller Zeiten.




100 000 russische, polnische und deutsche Soldaten verloren hier ihr Leben.